„Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den er bestimmt hat.
(2. Mose 23,20)
ANSPRACHE ZUR ENTPFLICHTUNG VON SABINE PREUSCHOFF AUS DEM AMT DER SUPERINTENDENTIN DES KIRCHENKREISES BURGDORF
Regionalbischöfin Marianne Gorka
Wer mich kennt weiß, ich habe ein Faible für kuriose Gedenktage. Morgen kommt ein schöner davon auf uns zu: Der „National Tell a Story Day“ in Großbritannien. Der Nationale Erzähl-eine-Geschichte-Tag).
Dieser Tag steht ganz im Zeichen des gesprochenen Wortes – na, und da horcht die Theologin doch gleich auf.
Geschichten erzählen – das ist ein wichtiges Instrument zur Wahrung und Überlieferung der Kultur einer Gesellschaft wie auch zur Wahrung und Überlieferung der Theologie unseres Glaubens, unserer Kirche.
Große und kleine Geschichten begleiten heute deinen Abschied aus dem Amt der Superintendentin.
Und wir erinnern: Da ist zunächst einmal deine Geschichte, die du vor gut 9 ½ Jahren hier mit eingebracht hast, als du 2016 das Amt der Superintendentin übernommen hast: Sie begann in Bremen, wo du geboren bist, ging bald in Leer weiter bis zum Abitur und setzt sich dann mit dem Theologiestudium in Bethel, Berlin und Göttingen fort. Da kreuzen sich auch unser beider Erzählstränge ab und an, bis es nur knapp zeitversetzt sogar ähnliche Kapitel gibt mit dem Vikariat – für dich in Celle, für mich im hiesigen Kirchenkreis in Ehlershausen, Ramlingen, Otze – für uns beide nacheinander im Predigerseminar Celle.
Du wurdest in Großmoor ordiniert und bliebst dort bis zum Wechsel in den Kirchenkreis Laatzen-Springe 2006. Dort warst du u.a. Kreisjugendpastorin, Diakoniebeauftragte, Vikariatsleiterin, später auch stellvertretende Superintendentin.
Mit den Aufgaben reicherten sich Erfahrungen an, Zutrauen kam von anderen Seiten noch mit hinzu, die allesamt mehr und mehr die Idee nährten, sich selbst auf eine Sup-Stelle zu bewerben. Etliche dieser Erfahrungen haben deine Geschichte hier in Burgdorf für dich persönlich entscheidend mitgeprägt. Du erinnerst dich gern und dankbar daran, was du aus dieser Zeit schon alles mitbekommen hast.
Du warst die, die man sich damals wünschte, sagst du mit Respekt vor den Vorgänger:innen. Noch heute wirst du genau durch die Attribute lobend beschrieben, die schon damals eine Rolle gespielt haben dürften: Engagiert, zupackend seelsorglich, eine gute Zuhörerin; offen, auf andere zuzugehen und selbst nahbar, auch als Person und Persönlichkeit erkennbar. Eine große Gabe, andere in den Mittelpunkt zu stellen, ihnen zugewandt zu begegnen bei den diversen Gelegenheiten binnen- wie außerkirchlich. Du hast wenig „Berührungsängste“.
So habt ihr seit 2016 also gemeinsam die Geschichte des Kirchenkreises fortgeschrieben, für und mit den Menschen, für die ihr euch als zuständig empfindet – und das sind nicht nur die, die ihr als Kirchenmitglieder zählen könnt; es sind alle, die hier leben in Dorf und Stadt von Ramlingen bis Rethmar, von Höver bis Hänigsen, an den Rändern genauso wie mittendrin. Mit der Ordensfrau Gudrun Steiß gesagt: All die, für die du morgens aufstehst, „nicht um die Kirche zu retten, … [sondern], weil Gott mich ruft, und ich schaue, ob ich das irgendwie hinkriege, wenn es geht mit anderen, die auch dazugehören.“ ((Link zum Zitat) Schön gesagt und eine gute, klare Haltung!
Viel ist passiert in dieser Zeit: Kirchengemeinden haben sich zusammengeschlossen, Personalwechsel – nicht, weil man aus Burgdorf flieht, im Gegenteil: Burgdorf scheint ja eher so eine Art Sprungbrett zu sein oder zumindest ein gutes Vorbereitungslager für weitere Ebenen der kirchlichen Landschaft. Hier wird man auf jeden Fall gut ausgestattet, um auch in neuen Herausforderungen zu bestehen. Es gab und gibt reichlich Veränderungen in der kirchlichen Arbeit.
Dafür hast du hier gewirkt, nach eigener Aussage „hoffnungsstur und glaubensheiter“
-für die Nachbarschaften, die Mitarbeitenden, die Institutionen;
-für die Diakonie, ein Markenkern, dir Ehrensache und Verpflichtung kirchlicher Arbeit;
-für die Jugend, deren Förderung in jeder Hinsicht dir sehr am Herzen liegt, weswegen es auch besonders schmerzt, wenn gerade in diesem Bereich womöglich etwas offen bleibt, unversöhnt;
-für „Projekte der Verbindung“ mit Tanzkomitee, Luther-Bäumen, Kunstaktionen, „angeklopft + nachgefragt“;
-für PopUp-Church & Segen to go
(!) all das, um von Gott zu erzählen, der will, dass wir gut und sicher leben.
9 ½ Jahre „Erzähl-eine-Geschichte-Zeit“ – getragen und geleitet durch die eine großartige Geschichte Gottes mit den Menschen.
Ein Wort, ein Versprechen, aus dieser verheißungsvollen Geschichte soll diesen Abschied leiten, das hast du dir selbst so gewünscht:
„Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe.“
Es ist die Zusage Gottes an Mose. Ein Schlusswort nach etlichen Ansagen am Berg Sinai, nach Geboten und Lebensregeln, um endlich frei zu sein im gelobten Land. Alle Regeln dienen dem Schutz der Schwachen, für das Leben, für eine starke Gemeinschaft, für Frieden. Dabei hat Mose auf dem Weg so seine Erfahrungen als Führungskraft gemacht: Die Luft wird dünner, je mehr Verantwortung eine:r übernimmt. Murren und Klagen aus dem Volk, die waren schnell zur Stelle. Aber wer hilft ihm?
Gott weist auf die Gemeinschaft! Allen gelten die Regeln, alle tragen Verantwortung, wenn sie an ihr Ziel kommen wollen. Allen gilt auch die Verheißung, Gottes Wort: Ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte und dich bringe and en Ort, den ich bestimmt habe.
Das ist kein Wort nur für den Kopf des Ganzen! Das geht raus an alle: Vertraut den neuen Wegen! Auch wenn Einzelne Führungsverantwortung tragen. Auch wenn Kirchenkreis und Superintendentin jetzt wieder getrennt die Geschichte(n) fortsetzen.
Der Erzähl-Grund bleibt Gott selbst. Das ist der Ursprung der Geschichte. Das ist der Anker in der Zeit. Dafür sendet Gott Engel vor uns her, die uns behüten und uns an die bestimmten Orte bringen. Ja, und dann muss eine manchmal auch der (inneren) Stimme folgen, auch wenn diese sie aus dem „objektiv schönsten Kirchenkreis“ in den, wie manche doch sehr subjektiv empfinden, schönsten Sprengel der Landeskirche führt… Nun, die einen sagen so, die anderen sagen so …😉
. Neue Kapitel werden aufgeschlagen und fortgeschrieben. Sei es in Stade oder hier in Burgdorf und umzu. Sie werden erkennen lassen, wie Gott am Werk ist, seine Führung, seine Bewahrung, seine Engel um uns rum, die eben immer nur Boten sind, nicht die Botschaft selbst! Sie sind dienstbare Geister, ausgesandt um dessen willen, von dem die Geschichte handelt, der sie mit uns begonnen hat und um der Menschen willen, für die wir morgens aufstehen, auf dass wir alle zusammen Vertrauen fassen in das Leben, für den guten Geist in unseren Gemeinschaften.
Gott bringe uns alle dorthin, wo wir ankommen sollen. So auch dich, liebe Sabine, im Abschied, im Übergang und Neubeginn! Genau wie Sie alle hier, liebe Menschen im Kirchenkreis Burgdorf!
Schon heute danke ich den beiden Stellvertretenden im Aufsichtsamt, Pastorin Friederike Grote und Pastor Dr. Tibor Anca, sehr herzlich dafür, dass sie sich der Vakanz wacker annehmen, bis hoffentlich bald doch wohl das Sup-Amt wieder besetzt sein wird.
Ich danke allen in den Gremien, im KKV, der Kreissynode, im Wahlausschuss, Frau Martens im Suptur-Büro, Ihnen den Pfarrpersonen und Diakon:innen, Kirchenmusiker:innen und allen, die hier mitarbeiten für Jung und Alt.
Auch wenn die Superintendentin andere Wege weitergeht: Es bleibe jeder Tag ein „Erzähl-eine-Geschichte-von-Gott-Tag“, voller kreativer Ideen, voller Bemühen um Frieden, mutig, stark, beherzt, mit Tatkraft und Entdeckerfreude auf die Zunft, sein Land, das vor uns liegt.
Wer dich nun gut kennt, liebe Sabine, weiß, dass du ein Faible für Chor-Singen hast und sicher ein umfassendes Repertoire im Sinn, allein durch deine lange Zeit im Bachchor Hannover.
Wo andere sich mit einem Kärtchen bescheiden (müssen), schrieb Johann Sebastian Bach zu feierlichen Anlässen ja schon mal eine kleine Kantate. Zum heutigen 19. Sonntag nach Trinitatis nun ausgerechnet die so genannte „Kreuzstab-Kantate“, „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“. Und den macht Bach hörbar in Sekundschritten und fallenden Seufzerfiguren. Das soll aber nicht das Sinnbild deines Wechsels sein.
Für dich ist dieser Schritt ein deutlich größerer und wie schon durch das biblische Leitwort so auch hier durch die Kantate von Hoffnung und Zuversicht getragen: „Mein Wandel auf der Welt ist einer Schifffahrt gleich“, singt da der Christus. Und so ist es wohl: Das Leben eine Schifffahrt, von Wellen auf und nieder in Bewegung gehalten, erfüllt von der Freude und Stärke einer Gemeinschaft, die bleibt. „Da leg ich den Kummer auf einmal ins Grab, / Da wischt mir die Tränen mein Heiland selbst ab.“
So sei es auch mit möglichen Tränen im Abschiedsschmerz, denn: „Siehe, Gott sendet einen Engel vor dir her, der dich behütet auf dem Wege und dich bringt an den Ort, den Gott bestimmt hat.“
Bis wir dich dort dann im neuen Amte auch bald schon wieder begrüßen können.