Das Schönste kommt für die Diakonin kurz vor Schluss

(Kommentare: 3)

Ein ganz normaler Abreisetag...

... Foto: Birgit
... Foto: Birgit

Der Samstag begann für mich um 2.54 Uhr. Laute Bässe untermalt von itzigen Discoklängen zwängten sich durch die Ritzen meines geschlossenen Fensters. Das Morgengrauen hatte noch nicht ganz begriffen, dass es bereits eingesetzt hatte. Der Eingangsbereich des Teilnehmerhauses war hell erleuchtet.

Drei Minuten vergingen, bis diese Wahrnehmungen in mein Bewusstsein vordrangen. Drei weitere Minuten, um deren Bedeutung zu begreifen. Noch drei Minuten währte das Ringen meiner inneren Stimmen: sollte ich meiner Verantwortung als Diakonin nachkommen und dem Treiben im Teilie-Haus ein Ende setzen? Oder sollte ich ihnen die Freude einer durchgemachten letzten Freizeitnacht lassen? Der Kampf war hart, und sehr knapp gewann die Diakonin: zum Schutze der Jüngsten und Schlafbedürftigen, aber auch aus purem Eigennutz, denn das Haus war frisch geputzt und fast zur Übergabe bereit. Da wollte ich doch lieber nach dem Rechten sehen, bevor Schlimmes passierte.

Also stand ich auf und tappte schlaftrunken und einigermaßen zerknirscht Richtung Musik. Mit jedem Schritt wurde ich wacher – vermutlich aufgrund des stetig steigenden Lärmpegels. Ich öffnete die Tür zum Haus, und ... –

Tränen stiegen mir in die Augen. Der Flur war eine einzige Partymeile. Coladosen, Plastikmüll, Kofferinhalte und Möbelteile waberten zwischen reglos daliegenden Gestalten umher. Andere tanzten oder stolperten über die Schlafenden hinweg und erfreuten sich bester Laune. Auf Alkohol oder andere persönlichkeitsverändernde Substanzen schien der Zustand der Jugendlichen nicht zurückzuführen zu sein; jedenfalls gab es keine leeren Flaschen, Dosen oder etwa Gerüche, die davon zeugen könnten.

Ich war in meinen Grundfesten erschüttert. Nicht nur über die besorgniserregende Erscheinung der mir anvertrauten jungen Menschen und des Hauses – an eine konfliktfreie Übergabe am Morgen war überhaupt nicht zu denken! – nein, vor allem über meine augenscheinlich schwer beeinträchtigte Menschenkenntnis. Nie hätte ich diesen überaus folgsamen und freundlichen jungen Leuten eine derartige Entgleisung zugetraut!

Ich suchte insgeheim nach dem Zaunpfahl (dessen Benutzung zum Strafvollzug mir Lutz per Kommentar völlig zu recht verboten hatte), dann kam mir die Idee mit dem Sicherungskasten. Immerhin ein Anfang. Es war schlagartig still. Und dunkel. Ich sah mir das Elend im Schein meiner Handytaschenlampe an. Nur im vollen Einsatz all meiner Autorität, die ich mir in den vergangenen 24 Dienstjahren als Diakonin erworben hatte, gelang es mir, die Jugendlichen in ihre ursprünglichen Zimmer zu verteilen.

Kurz nach vier war der Spuk vorbei, d.h. die unübersehbaren Zeugnisse der nächtlichen Eskapaden würden uns alle am Morgen vor große Probleme stellen. Erschöpft ließ ich mich unter lautem Aufstöhnen auf die Reste des Sofas fallen. Über die Sorge, wie sich das Haus annähernd wieder in einen übergabefähigen Zustand versetzen ließe, muss ich eingeschlafen sein.

Die lieblich zarte Stimme von Michelle wünschte uns im Duett mit „der Berg ruft“ einen wunderschönen Morgen und rief zum letzten Frühstück. Sehr zaghaft hob ich ein Augenlied und sah mich in meinem eigenen Zimmer mit Sicht auf einen verregneten Wolkenhimel. Ein Blick aus dem Fenster: friedlich und vollkommen unversehrt stand das Teilie-Haus an seinem Platz.

Alles nur ein böser Traum! Nur das Partyboot, das abends häufig auf dem See herumfuhr, das war echt (und mein Gang zum Teilie-Haus!) – offensichtlich wird samstags die Musik länger und lauter aufgedreht.

7.45 Uhr gab es zum Frühstück 250 Brötchen und 390 Scheiben Brot
9.45 Uhr versammelten wir uns auf dem Fußballplatz zu einer kurzen Runde mit Reisesegen
10.05 Uhr fuhr der Bus ab
10.12 Uhr kehrt der Bulli zurück, um alle vergessenen Kühlkisten und Kissen zu holen
Von 11.50 bis 14 Uhr warteten wir an der Fähre
18.45 Uhr sangen die Jugendlichen lauthals alle Freizeithits und machten selbst vor Laurentia nicht halt
19.07 Uhr betraten wir dänischen Boden
23.25 Uhr steuerten wir Burger King an
0.00 Uhr setzten wir die Reise fort, Jakob verließ in Hamburg den Bus
2.58 Uhr rollte der Begleitbulli in Ilten ein und wurde entladen
3.42 Uhr hielt der Bus an der Kirche. Wieder da!!
3.55 Uhr Abschluß-Shake-Hands-Runde im Gemeindesaal
4.20 Uhr - nun sind (fast) alle daheim

Birgit

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Kommentar von Michael Paebst |

Hej Hej .... schön das ihr alle wieder gesund und heil zurück gekommen seit .....schade aber das es vorbei ist , was tu ich jetzt morgens ... kein Blog mehr ;-( ....also warten bis nächstes Jahr

Liebe Grüße Michael

Kommentar von Katja Stuiber |

Vielen Dank nochmal an alle, die diese grandiose Freizeit Jahr für Jahr organisieren und begleiten, ihre Freizeit und ihr Herzblut dort hineingeben, (Raum und Zeit zur Verfügung stellen) und für phantastische Erlebnisse sorgen. Egal ob Diakonin, Küchenteam, Teamer, undundund.
In diesem Sinne: Ihr seid klasse

Kommentar von Birgit |

Liebe Anke und liebe Heidrun, Essen hält ja bekanntlich Leib und Seele zusammen. Im Grunde ist die gute Atmosphäre dieser Freizeit Euer Verdienst! Wer ein bißchen bei Euch hinter die Kulissen geguckt hat, weiß, welchen Job Ihr dort geleistet habt! Vielen vielen Dank dafür! Ihr lieben Teamer bringt Euch ein mit Haut und Haar und allem, was Ihr könnt. Ihr seid echte Schätze. Meiner lieben Kollegin danke ich für die wunderbare Zusammenarbeit und allen Jugendlichen, dass Ihr Euch auf das Abenteuer Freizeit eingelassen und einfach alles mitgemacht habt ;-)
Bleibt behütet und habt noch eine schöne Sommerzeit! Herzlichst, bi