Maria durch ein' Dornwald ging - doch wo war Maryam
(Kommentare: 3)
21. Dezember
Maria durch ein' Dornwald ging - doch wo war Maryam

Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr hat sich der lebendige Adventskalender heute bei der ehrwürdigen Iltener Barockkirche geöffnet. Für das Team des Iltener Begegnungcafés, das an jedem dritten Freitag im Monat einlädt, war es selbstverständlich die Gesellschaft des lebendigen Adventskalenders auch im Dezember zu bewirten. Heige Kienle, die Initiatorin dieser Einrichtung, hatte sich ein Thema ausgewählt, das sie schon sehr lange umtreibt: MARIA , die im Koran MARYAM heißt. Bei den zahlreichen Begegnungen und Gesprächen mit den neuen Iltener Einwohnern muslimischen Glaubens waren die Gemeinsamkeiten bei den Geschichten in der Bibel und im Koran immer wieder aufgefallen. So wissen wir ja bereits aus dem Jahr 2016 durch das Türchen bei Familie Aicho/Mohammad, dass auch im Koran von der Geburt Jesu berichtet wird. Da liegt es auf der Hand, dass im Koran auch etwas über Maria, die Mutter Jesu, erzählt wird.
Heige Kienle hat zu Beginn ihrer Recherche ihr gut ausgebildetes Iltener Netzwerk genutzt. Über ein Umfrage-tool konnte sich eine breite Teilnehmerschar bereits zwei Wochen vorher daran beteiligen, eine mindmap zu dem Begriff Maria zu erstellen. Das daraus entstandene Bild wurde am heutigen Abend vorgestellt und war Grundlage für weitere Ausführungen. Es ist davon auszugehen, dass am heutigen Abend jeder Zuhörer etwas erfahren hat, das er vorher noch nicht wusste.
Für das Vortragen standen 15 Frauen unterschiedlichsten Alters bereit. Jeder Gedanke wurde von einer anderen Stimme vorgelesen. Rehana, Mona, Laura und Dania haben mit klarer Stimme die Darstellungen der Maria bis zur Geburt von Jesus, wie es im Koran steht, vorgetragen. Christiane, Charlotte, Paula und Janna lasen die biblische Darstellung dazu. Die Verkündigung und die Erzählungen rund um die Geburt wurden von den jungen und älteren Müttern aus der Runde übernommen. Hilka und Svenja hatten zur Verstärkung ihre kleinen Söhne dabei.
Was ist nun das Trennende bei der Darstellung der Maria/Maryam in den beiden religiösen Schriften? Es ist sicherlich bemerkenswert, dass Maryam die einzige Frau im Koran ist, die namentlich erwähnt wird. Sie brachte ihr Kind ohne jegliche Hilfe zur Welt und hatte nie einen Mann an ihrer Seite. Was für eine emanzipierte Person! Nur Allah sorgte für sie. In der Bibel wird Maria sehr bald nach ihrer Empfängnis ein Mann (Joseph) zur Seite gestellt. Sie wird von Gott UND von Joseph beschützt. In beiden Religionen wird Maria viel Aufmerksamkeit gewidmet, viele Christen und Muslime werden nach ihr benannt. Allerdings gibt es im Christentum zahlreiche Beschreibungen rund um Maria, die nicht in die Bibel mit aufgenommen wurden, hingegen im Koran sehr wohl zu finden sind.
Während der Ausführungen wurden auf eine Leinwand Bilder von Mariendarstellungen projiziert. Silva hat die alten Mariendarstellungen genutzt, um einen gesellschaftskritischen Blick auf die Diskussion um das Tragen von Kopftüchern zu werfen. „Wie kann es sein, dass die gleichen Menschen, die in Kirchen vor dem Bildnis einer Maria mit Hidschab-ähnlicher Kleidung Kerzen entzünden, deren Mütter, Großmütter oder Urgroßmütter bei der Arbeit und zum Kirchgang noch Kopftücher trugen, sich berechtigt fühlen, wildfremde Frauen wegen ihrer Kleidung zu kritisieren?“ lautete eine ihrer Fragen. Einen weiteren Denkanstoß lieferte sie durch ein Zitat von der Künstlerin Eliane Zinner: „Die Frauen, die heute in arabischen Ländern eine Burka tragen, scheinen uns unterdrückt und unfrei. Aber sind wir das nicht ebenso, hier im Westen? Wo ist dann der Unterschied zwischen den Frauen, die gezwungen sind, sich zu bedecken, und denen, die gezwungen sind, sich zu entkleiden?»
Die Agrarbiologin Heige Kienle lud abschließend zu einem Exkurs in die Biologie ein. Sie erklärte an zahlreichen Beispielen, dass es die Jungfernzeugung (Parthenogenese) im Tierreich in der Tat gibt. Dabei plauderte sie munter aus dem Alltag ihrer tierlieben Familie. Das Vermehrungspotential eines einzelnen Marientierchens (ein Krebstier) hatte einst die Tierliebe auf eine harte Zerreißprobe gestellt.
Zum Abschluss wurde von einem kleinen Ensemble das Lied „Maria durch ein Dornwald ging“ vorgetragen. Der Klang in der Iltener Kirche ist immer wieder großartig. Das Lied verursachte wahrhaft Gänsehaut.
Nun mussten alle nur noch durch das stürmische Wetter über den Vorplatz laufen um zu dem leckeren, internationalen Büffet im Gemeindehaus zu gelangen. Es hat wohl jeder einen Platz gefunden und niemand ist hungrig nach Hause gegangen.
Annette Bartels
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Kommentar von Hilka |
Das Türchen war auf jeden Fall ein Aha-Erlebnis. Ich stimme zu, dass sicher jeder Zuhörer etwas Neues erfahren hat. Im Gemeindehaus gab es dann ein internationales Buffet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieser Abend ein Augen- und Ohrenschmaus in einer ganz heimeligen Athmosphäre war ;-)
Kommentar von Andi |
Auch für uns Türchenbesucher war es eine Freude in der Kirche das Eingangslied zum Klingen zu bringen. Das gemeinsame Singen hat großen Spass gemacht.
Den ausführlichen Bericht möchte ich um ein dickes Danke Schön in Richtung Büffetspender ergänzen. Erkennen konnte ich Mohnkuchen, Laugenbrezeln und Schokoküsse. Zu den wirklich leckeren, kreativen Speisen, die vermutlich von muslimischen Teilnehmern mitgebracht wurden, kenne ich die Bezeichnungen nicht.
Das Essen war jedenfalls reichhaltig und sehr gut!
Kommentar von Silke |
Sehr interessante Gegenüberstellung und Interpretation. Der Chorgesang war wie immer genial. Ein Fest für meine Ohren.Dankeschön
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️